Photovoltaikversicherung: „Viele Kunden glauben fälschlicherweise, dass ihre Gebäudeversicherung ausreicht“

Praxis
24.03.2025
Photovoltaikversicherung: „Viele Kunden glauben fälschlicherweise, dass ihre
Gebäudeversicherung ausreicht“

Von Sven Wenig
Photovoltaik boomt – und mit ihr die Herausforderungen für den Versicherungsschutz. Viele
gehen davon aus, dass ihre Wohngebäudeversicherung bereits alle Risiken abdeckt. Doch
technische Defekte, Ertragsausfälle oder falsch gewählte Versicherungssummen können teuer
werden. Paul Ristock, Niederlassungsleiter Deutschland der Oberösterreichischen Versicherung
AG, erklärt im Interview, worauf es beim Schutz von PV-Anlagen ankommt – und warum
spezialisierte Photovoltaikversicherungen unverzichtbar sind.
Versicherungsbote: Der Ausbau von Photovoltaikanlagen nimmt weiter zu – sowohl im
privaten als auch im gewerblichen Bereich. Welche besonderen Herausforderungen ergeben
sich daraus für Versicherungsschutz?

Paul Ristock: Der steigende Ausbau von Photovoltaikanlagen stellt Versicherer vor neue
Herausforderungen in Bezug auf die Naturgefahren und die technischen Risiken. Neben
klassischen Risiken wie Sturm, Hagel oder Feuer müssen wir uns verstärkt mit technischen
Risiken wie Materialermüdung oder Montagefehlern beschäftigen. Je älter eine Anlage wird,
desto höher ist die Schadenwahrscheinlichkeit hinsichtlich der Materialermüdung. Versicherer
mit einem älteren und größeren Photovoltaik-Kollektiv müssen mit zunehmenden Schäden in
der Zukunft rechnen.
Daher ist es unerlässlich, die Tarife zukunftssicher zu gestalten und Schadenzahlungen
in der Zukunft sicherzustellen – wir machen das durch eine Indexanpassung der
Versicherungssummen und Beiträge. Damit sind wir auch in Zukunft ein verlässlicher Partner
für unsere Kunden und Makler.
Viele Hausbesitzer gehen davon aus, dass ihre Wohngebäudeversicherung automatisch
auch Photovoltaikanlagen schützt. Warum ist dies nicht immer der Fall, und wo liegen
die Grenzen der Wohngebäudeversicherung?
Tatsächlich ist es ein weit verbreiteter Irrtum, dass Photovoltaikanlagen automatisch über
die Wohngebäudeversicherung ausreichend geschützt sind. Zunächst ist die Anlage im
Rahmen der Obliegenheiten als Gefahrerhöhung dem Wohngebäudeversicherer zu melden.
Dann decken Gebäudeversicherungen oft nur Standardrisiken wie Feuer, Sturm und
Hagel ab. Technische Schäden, Diebstahl, Bedienfehler, Materialfehler, Tierverbiss und
Ertragsausfälle bleiben dabei meist unberücksichtigt. Gerade diese Risiken erfordern jedoch
spezialisierte Lösungen und kosten dabei oftmals nicht viel mehr als der Einschluss in die
Gebäudeversicherung.

Neben dem Sachschutz spielt auch der Ertragsausfall eine große Rolle, wenn eine
PV-Anlage aufgrund eines Schadens nicht mehr einspeisen kann. Warum reicht
eine klassische Wohngebäudeversicherung hier nicht aus? Und wie schützt eine
Photovoltaikversicherung vor finanziellen Verlusten?
Vom Statistischen Bundesamt wissen wir, dass der Eigenverbrauch des PV-produzierten
Stroms durchschnittlich bei nur 20 bis 35 Prozent liegt. Der überwiegende Großteil speist also
Strom in das Netz ein, wofür der Betreiber eine Einspeisevergütung erhält. Oftmals sind diese
auch für Investoren und Privatleute ein nicht unerheblicher Refinanzierungsmechanismus.
Im Schadenfall deckt eine klassische Wohngebäudeversicherung keine Ertragsausfälle ab.
Unsere spezialisierte Photovoltaikversicherung ersetzt deshalb gezielt diese Einnahmeverluste,
einschließlich der zusätzlichen Kosten für den Zukauf von Fremdstrom, was gerade bei
Photovoltaik-Inselanlagen eine große Rolle spielt.
In der Praxis kommt es immer wieder zu Missverständnissen oder Fehlern bei
der Absicherung von Photovoltaikanlagen. Welche typischen Fehler machen
Versicherungsnehmer häufig – sei es bei der Auswahl, dem Abschluss oder während der
Laufzeit?
Ein typischer Fehler liegt in der Festlegung der Versicherungssumme – besonders im
Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer. Zurzeit ist der Erwerb einer PV-Anlage von
der Mehrwertsteuer befreit. Oftmals wird dann der Kaufpreis als Versicherungssumme
herangezogen, was zu einer Unterversicherung führt und einem bösen Erwachen im
Schadenfall.

Ausschlaggebend ist, ob der Kunde vorsteuerabzugsberechtigt ist. Ist er das nicht, dann
unbedingt den Bruttopreis (also inkl. MwSt.) als Versicherungssumme ansetzen, damit der
Kunde im Schadenfall auch die Mehrwertsteuer erstattet bekommt. Vorsteuerabzugsberechtigte
Versicherungsnehmer, z. B. Gewerbebetriebe, sollten dagegen zum Nettopreis versichern, da
die Mehrwertsteuer für sie meist ein „durchlaufender Posten“ ist.
„Ich empfehle einen Versicherer, der stabile Prämien langfristig gewährleistet“
Obliegenheiten spielen eine entscheidende Rolle für den Erhalt des
Versicherungsschutzes. Welche Verpflichtungen haben Versicherungsnehmer – zum
Beispiel hinsichtlich Wartung, Instandhaltung oder regelmäßiger Prüfungen? Und welche
Folgen drohen, wenn Obliegenheiten nicht eingehalten werden?
Die Obliegenheiten sind auch abhängig von den regionalen Gegebenheiten, da es vertragliche,
behördliche und gesetzliche Vorgaben gibt, die einzuhalten sind. Versicherungsnehmer sind
beispielsweise verpflichtet, ihre Photovoltaikanlagen regelmäßig warten und instand halten zu
lassen sowie entsprechende Prüfungen zu dokumentieren. Dazu gehören auch das Anzeigen
von Gefahrerhöhungen – etwa ein Baugerüst zur Renovierung der Fassade –, die Einhaltung
von Brandschutz- und Blitzschutzvorschriften sowie Schadenminderungspflichten wie das
sofortige Abschalten der Elektronik nach einem Kurzschluss.
Folgen können sein: eine Ablehnung der Regulierung, eine Kürzung der Leistungen oder gar
der Rücktritt vom Versicherungsvertrag. Im Fall der Fälle kann das allerdings nur erfolgen,
wenn die Verletzung der Obliegenheit im kausalen Zusammenhang zum Schaden steht;
beispielsweise hat der Kunde vor Vertragsabschluss eine eingebaute Blitzschutzanlage
bestätigt und im Schadenfall kommt heraus, dass diese nicht vorhanden war. In diesem Fall
würde es zu einer Ablehnung der Versicherungsleistung kommen.
Versicherungsverträge enthalten neben versicherten Risiken auch Ausschlüsse.
Welche Schadensursachen oder Szenarien sind in einer Photovoltaikversicherung
typischerweise nicht gedeckt? Gibt es oft übersehene Einschränkungen, die für Kunden
relevant sein könnten?

Typischerweise nicht gedeckt sind Schäden durch Vorsatz, Krieg, Kernenergie sowie
normale Abnutzung und Verschleiß nach Ablauf bestimmter Fristen. Oft übersehen Kunden,
dass technische Komponenten wie Akkus oder Trafos explizit eingeschlossen werden
müssen, um vollständigen Schutz zu gewährleisten. Bei uns sind alle elektronischen
Komponenten standardmäßig mitversichert – also auch der Akku, der Wechselrichter und
innere Betriebsschäden dieser Teile.
Ein innerer Betriebsschaden ist, vereinfacht gesagt, ein Defekt, der nicht von außen verursacht
wurde, sondern schlicht durch ein technisches Versagen. Solche Schäden entstehen mit
zunehmendem Alter der Bauteile und sind daher typische Verschleißerscheinungen. Aber auch
diese sind bei uns mit 3.000 Euro in den ersten fünf Jahren und danach mit abnehmender
Summe auf erstes Risiko mitversichert.
Welche Tipps haben Sie für Vermittler, die zur Absicherung von Photovoltaikanlagen
beraten?
Vermittler sollten unbedingt auf eine eigenständige PV-Versicherung hinweisen, korrekte
Versicherungssummen wählen, regelmäßig Wertanpassungen empfehlen und alle relevanten

technischen Risiken sowie Ertragsausfälle absichern. Wichtig ist zudem, Kunden aktiv
über Obliegenheiten und typische Ausschlüsse aufzuklären, um Haftungsrisiken und
Deckungslücken zu vermeiden.
Es gibt Wettbewerber, die bei ihren Tarifen einen Schadenfreiheitsrabatt berücksichtigen, der
nach dem ersten Schaden zu einer deutlich höheren Prämie führt. Daher kann es für Kunden
durchaus sinnvoll sein, von Beginn an ein etwas höheres, dafür langfristig verlässlicheres
Prämienniveau zu wählen. Mit zunehmendem Anlagenalter wird es schwieriger, neuen
Versicherungsschutz zu erhalten, da die meisten Versicherer bereits ab einem Anlagenalter
von fünf Jahren keinen Versicherungsschutz mehr anbieten – ab einem Anlagenalter von zehn
Jahren werden Sie so gut wie keinen Anbieter mehr finden.
Ich empfehle daher, von Anfang an auf einen zuverlässigen Versicherer zu setzen –
idealerweise einen, der durch regelmäßige Wertanpassungen Inflationsschutz bietet und
stabile Prämien langfristig gewährleistet. Ein solcher Partner wird sich mit geringerer
Wahrscheinlichkeit aus diesem Marktsegment zurückziehen – was für Kunden und Makler
fatal wäre, da dann unter Umständen kein Versicherungsschutz mehr erhältlich ist. Die
Oberösterreichische ist mit ihrer über 200-jährigen Historie ein solcher verlässlicher Partner,
der diese Werte nicht nur in Hochglanzprospekten verspricht, sondern sie auch in Service und
Tarifgestaltung konsequent lebt. So schaffen wir langfristige Sicherheit.

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